Hunger in vielen Teilen der Welt
Wenn dieser Artikel in der September-
Ausgabe von geistREich erscheint, dauert
der Krieg in der Ukraine mehr als ein
halbes Jahr. In dieser Zeit sind Tausende
von Menschen gestorben, schwer
verletzt, Millionen zur Flucht gezwungen,
Städte zerstört, Arbeitsplätze,
Lebenswerke und Zukunft von Menschen
vernichtet worden. Es war außerhalb
unserer Vorstellungskraft, dass es nach
den verheerenden ersten und zweiten
Weltkriegen erneut zu einem Krieg
mitten in Europa kommen würde. Dieser
Krieg ist nicht mit den Weltkriegen
vergleichbar, aber dieser Krieg ist ein
Krieg mit weltweiten Auswirkungen
Der Angriff auf die Ukraine und die immer
weiter fortschreitenden Zerstörungen sind
nicht nur eine humanitäre Katastrophe für die unmittelbar vom Krieg Betroffenen. Auf den weltweiten Märkten steigen die Preise für Nahrungsmittel und Energie in rasantem Tempo. So stieg die Inflationsrate in Deutschland im Juni auf 7,9 % Besonders betroffen vom Preisanstieg sind Menschen, die ohnehin in Armut leben und deswegen ihre Ernährung nicht sichern können.
„Dramatisch ist die Situation vor allem
in Burkina Faso, Südsudan, Kenia, Haiti und
Guatemala“, erklärt Markus Wolter, Experte für Welternährung bei Misereor. Dort fielen bereits viele Ernten der vergangenen Jahre ganz oder teilweise Heuschrecken, monatelanger Dürre oder Überschwemmungen zum Opfer.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten
Nationen geht derzeit von weltweit mehr als
300 Millionen akut hungernden Menschen aus. Ein Grund sind u.a. auch die fehlenden Weizenlieferungen aus Russland und der Ukraine. Ernteausfälle und unterbrochene Lieferketten werden sich zweifellos auf die weltweite Ernährungssituation
auswirken. So kam es im Juni auch in dem lateinamerikanischen Land Ecuador
zu Aufständen indigener Bevölkerungsschichten,
die sich wieder an den Diesel- und Lebensmittelpreisen
und den wirtschaftlichen Folgen
der Pandemie entzündeten. Der honduranische Kardinal Óscar Rodríguez Maradiaga sieht die Ernährungslage der ganzen Welt in Gefahr. „Mit diesem ungerechten Krieg nehmen sie das Brot
vom Tisch“, sagte er mit Blick auf die gefährdeten Getreidelieferungen aus der Ukraine. „Dieser Krieg ist nicht einfach ein Land gegen
ein anderes, er ist gegen die ganze Welt und wir alle leiden.“ „Ohne die Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland können Länder ihre
Bevölkerung schlichtweg nicht mehr ernähren. Ob die getroffene Einigung zu Weizenexporten zwischen der Ukraine und Russland tatsächlich
eine spürbare Erleichterung für die weltweite
Nahrungsmittelkrise bringen kann, bleibt abzuwarten,“ erklärt missio.
„60 Prozent des Weizens in Deutschland werden an Nutztiere verfüttert, 20 Prozent kommen direkt der menschlichen Ernährung zugute. MISEREOR setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dem Hunger der Menschen Vorrang vor der Herstellung tierischer Produkte und der Produktion von Agroenergie zu geben und die Lebensmittelverschwendung zu verringern,“ so Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer bei MISEREOR. Und wir ahnen, dass die ausbleibenden Gaslieferungen
im kommenden Winter in Westeuropa
zwar keinen Hunger, sehr wohl aber eine soziale Krise auslösen können. Wir müssen uns darauf einstellen, auf viele Annehmlichkeiten unseres
bisherigen Lebens verzichten zu müssen.
Beim Gang durch die Recklinghäuser Innenstadt vor mehreren Jahren mit einem Freund aus Mexiko blieb ich bei einem Schaufenster mit schönen Dekoartikeln stehen, die ich am liebsten gekauft hätte. Die Bemerkung meines Freundes „Brauchst du das wirklich?,“ ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben.
Diese Frage werden wir uns in Zukunft immer öfter stellen müssen. Verzichten: Leicht wird das nicht werden!
AG Eine Welt (Maria Voß