GERESU-Lehrer Matthias Flüß bringt Schülern das Demonstrieren bei

RE-SUDERWICH. Mit der Idee eines Schülers fing alles an. Zuletzt zeigten 1000 Menschen Flagge gegen Rassismus. Matthias Flüß bringt jungen Menschen das Demonstrieren bei.

 

Von Tobias Mühlenschulte

Die Werkzeuge für Demokratie passen in einen Koffer. Lehrer Matthias Flüß (33) ist mit den Inhalten seiner Tasche so erfolgreich und überzeugend, dass inzwischen sogar ein dritter Koffer in der Mache ist. Und für sein Engagement ist der Pädagoge aus Kamen, der an der Gesamtschule Suderwich Deutsch und Gesellschaftslehre unterrichtet, nun obendrein mit einem Preis ausgezeichnet worden. Flüß ist jetzt Träger des „TalentAward Ruhr".

Der landesweit vergebene Preis der Talentmetropole Ruhr ging in diesem Jahr zum neunten Mal an vier Persönlichkeiten aus dem pädagogischen Bereich. Flüß erhält den Preis für sein besonderes Engagement in der Demokratiepädagogik. Unter seiner Anleitung lernen die Schülerinnen und Schüler, aktiv gegen Rassismus einzutreten. Seit 2018 organisieren die Jugendlichen seines Gesellschaftslehrekurses jährlich am Welttag gegen Rassismus am 21. März selbstständig eine Demonstration für Toleranz und Menschenrechte. Zuletzt waren an dieser Aktion rund 1000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene beteiligt. „Ganz viele Schulen aus dem Kreis Recklinghausen sind unserem Ruf gefolgt". sagt der Preisträger. Flüß ist seit Februar 2015 Lehrer an der städtischen Gesamtschule Recklinghausen-Suderwich (GERESU). 

Matthias Flüß, Lehrer an der Gesamtschule Suderwich in Recklinghausen, ist für sein Demokratie-Engagement mit dem Preis „TalentAward Ruhr" ausgezeichnet worden.

FOTO Mühlenschulte

 

„2017 ging es ganz, ganz klein los", erinnert sich der 33-Jährige an die Anfänge seiner Demokratie-Arbeit in der zehnten Klasse. Eine Demo war erst gar nicht vorgesehen. „Das war eine Schüler-Idee, die ich ernst genommen habe", so Flüß. 2018 habe es dann die erste Kundgebung gegeben. „Die Schüler wurden besser, ich wurde besser. und so wurde

das Ganze immer größer." Zuletzt hätten sich auch Schüler aus anderen Jahrgängen zwei Schulstunden pro Woche eingebracht. Der Lehrer sieht sich selbst aber nicht als die treibende Kraft, sondern als „Coach und Begleiter". Die Entscheidungsgewalt hätten letzten Endes die Schüler, er „schubse" sie nur an. „Ich möchte, dass die Schüler groß denken. Und innerlich bitte ich darum, dass sie übers Ziel hinausschießen. Aber wo gegen das Grundgesetz verstoßen werden soll, schreite ich natürlich ein." Zwiegespalten sei er hinsichtlich der viel diskutierten Klebe-Proteste der Gruppe Letzte Generation". Zwar sehe er die Verzweiflung der jungen Menschen ob der noch zu geringen Klima-Anstrengungen der Politik. „Aber wo die Unversehrtheit von Menschen gefährdet wird, da geht Engagement zu weit." Hintergrund: In Berlin war im Umfeld eines durch Klima-Aktivisten provozierten Staus eine Radfahrerin gestorben. Laut der Berliner Feuerwehr hatte der Stau jedoch keinen Einfluss auf den Tod der Radfahrerin.

 

Demo-Koffer ist Exportschlager

Aus den Ideen der Schüler entwickelte Flüß schließlich einen Do-it-yourself-Methodenkoffer mit Materialien für die Vorbereitung von Demonstrationen und ähnlicher Veranstaltungen. „Nach 30 Minuten Einlesezeit ist der Koffer für Lehrer anwendbar", sagt der 33-Jährige. Und die Tasche hat Erfolg: In den vergangenen zwei Jahren hat Flüß an knapp 20 Schulen in der Region entsprechende Workshops gegeben. Was Flüß antreibt? „Ich wünsche mir, dass Unterricht sich mehr auf bedeutungsvolles Handeln und Selbstwirksamkeit stützt und junge Menschen dazu antreibt, Großes zu leisten." Schüler würden aufblühen, wenn sie spürten, dass ihr Handeln wirksam ist. „Wenn da 1000 Menschen zusammenstehen, weil du das organisiert hast, dann erinnerst du dich vermutlich ein Leben lang daran." Flüß selbst war zuletzt auf einer Demonstration von Fridays for Future. Und bei einem Datteln-4-Protest, den eine seiner Schülerinnen mitorganisiert hatte.

 

Quelle:: Recklinghäuser Zeitung